Project Lighthouse Africa e.V.

Narrative Management

For Peace Through Dialogue

„NARRATIVE MANAGEMENT FOR PEACE THROUGH DIALOGUE": EIN UMFASSENDER ANSATZ ZUR STÄRKUNG SOZIALER KOMMUNIKATIONSSTRUKTUREN FÜR DIE FRIEDENSARBEIT

Unter dem Hashtag #AllEyesOnISIS bereitete die „Social-Media-Abteilung“ des IS im Juni 2014 den Angriff auf die irakische Metropole Mossul vor, verstärkt durch eine Armee von Twitter-Bots. Die unter diesem Hashtag veröffentlichten schrecklichen Foltervideos verbreiteten sich wie ein Lauffeuer und füllten die Bildschirme von Millionen von Nutzern, darunter auch die der Verteidiger von Mossul. Auf diese Weise erfüllten sie ihren Zweck: #AllEyesOnISIS hatte die Wirkung eines unsichtbaren Artilleriebeschusses. In der Folge konnten 1500 ISIS-Kämpfer 60.000 irakische Polizisten und Soldaten aus der Stadt vertreiben, ohne einen einzigen Schuss abzugeben. Etwas Ähnliches scheint sich im Herbst 2021 in Afghanistan ereignet zu haben.

Dieses Beispiel ist nur eines von vielen, das zeigt, wie effektiv Extremisten in allen Teilen der Welt soziale Medien und ausgeklügelte Kommunikationsstrategien nutzen. Insbesondere in der derzeit umkämpften Sahel-Region werden solche Strategien zur Destabilisierung von Ländern und Regionen eingesetzt. Zu diesem Zweck werden sogenannte Narrative verbreitet, in denen Desinformation, Hass und Propaganda zu Erzählungen kombiniert werden, die an bestehende Ängste, Vorurteile und Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung appellieren. Dadurch wird das Vertrauen in Institutionen und Mitmenschen beschädigt und Konflikte zwischen Bevölkerungsgruppen geschürt.

NAMA4PD

Diesen Entwicklungen möglichst frühzeitig entgegenzuwirken, ist der Ansatz des Projekts „Narrative Management for Peace through Dialogue“. Das Projekt wird in Gambia (siehe Hintergrund) und derzeit auch im Senegal in Westafrika in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Berlin, dem Projekt Lighthouse Africa und der Common Effort Community durchgeführt.

Bild der Workshop-TeilnehmerIntegrieren

Ein erster Schwerpunkt von NAMA4PD ist es, möglichst viele Akteure aus der internationalen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur einzubinden, um sie für diese besonders relevante Kommunikationsdimension zu sensibilisieren, sie in NM-Aktivitäten einzubeziehen und zu verhindern, dass Projekte einander zuwiderlaufen oder sich überschneiden.

Kommunikation stärken

Ein zweiter Schwerpunkt liegt daher darauf, die Kommunikation zwischen Bürgern und anderen relevanten Akteuren in gefährdeten Regionen besser zu verstehen und zu stärken: Nach einer wissenschaftlichen Datenerhebung wird ein Schulungskonzept entwickelt und umgesetzt, das es Journalisten, Bürgern und anderen relevanten Akteuren ermöglicht, Propaganda und Desinformation zu erkennen und zuverlässige Informationen in ihren persönlichen Kommunikationsnetzwerken zu finden und zu verbreiten.

Förderung des sozialen Zusammenhalts

Gruppe vom NAMA4PD-Workshop im SenegalDer dritte Schwerpunkt des Konzepts liegt auf der individuellen Wahrnehmung von Perspektiven und deren Entwicklung, insbesondere für die jüngere Generation. Für die Entwicklung von Perspektiven ist die Förderung des sozialen Zusammenhalts und der Teilhabe von entscheidender Bedeutung, da aktive Teilhabe der Schlüssel zur Verringerung von Hoffnungslosigkeit und spaltenden Phänomenen ist und somit der Entwicklung regionaler Krisenvoraussetzungen entgegengewirkt werden kann. Kommunikation wird auch hier ein wesentliches Element sein, um Erwartungen zu moderieren und Zugang zu verlässlichen Informationen aus Netzwerken angesehener, erfahrener und ausdrücklich junger Mentoren zu ermöglichen, die bei der Orientierung in Bezug auf individuelle Perspektiven helfen. Eine Orientierung, die besonders gebildeten jungen Menschen hilft ihre eigene Situation besser einzuschätzen und im Bewusstsein ihrer eigenen Fähigkeiten geeignete Strategien zu entwickeln, um sie zu verbessern. Zu den spezifischen Fördermaßnahmen für Mädchen und Frauen im Sinne der feministischen Entwicklungspolitik gehört auch die Einbindung in narrative Managementnetzwerke. Dies geschieht durch verschiedene Programme wie Mentoring, Coaching, Schulungen und Start-up-Camps.

Logo der „Common Effort Community“

Common Effort Community

Für NAMA4PD, ein etabliertes und vertrauenswürdiges Netzwerk im Spannungsfeld von Entwicklung und Sicherheit – Kommunikation – ist die Entwicklung von Perspektiven die Grundlage und Klammer aller Aktivitäten. Vorbild für dieses Netzwerk ist die Common Effort Community, die 2010 vom 1. Deutsch-Niederländischen Korps gegründet wurde und derzeit mehr als 60 zivile, militärische, staatliche und nichtstaatliche Organisationen vor allem aus Deutschland und den Niederlanden umfasst, die sich auf die zivil-militärische Zusammenarbeit und die praktische Umsetzung des vernetzten Ansatzes (Integrated Approach) konzentrieren. Das NAMA4PD-Konzept wurde in den letzten drei Jahren und in zahlreichen Workshops der Common Effort Community unter Beteiligung der Ministerien BMVg, AA und BMZ so weit entwickelt, dass bereits erste praktische Schritte umgesetzt werden konnten.

Beginn der Umsetzung NAMA4PD

Gruppe von MännernSondierungsaktivitäten in Ghana, Gambia und Senegal im Jahr 2021, die von der Hanns Seidel Stiftung finanziert und unterstützt wurden, legten den Grundstein für die Umsetzung des NAMA4PD-Konzepts in Westafrika und der Sahelzone. Eine Filmdokumentation über die Aktivitäten im Jahr 2021 bietet eine gute Einführung in das Konzept. Im Senegal begann im September 2022 die Einrichtung einer interreligiösen und sektorübergreifenden Task Force zur Konfliktprävention mit der Entwicklung von Maßnahmen. Schlüsselelemente waren Workshops mit Interessengruppen aus den Bereichen Polizei, Militär, Medien, Wirtschaft, Religion, Frauengruppen, Jugend, Kultur, Umwelt, Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaft, Politik und Verwaltung. Eine erste Phase dient als Auftakt für eine Reihe von Aktivitäten, die einerseits zu einem besseren Verständnis der lokalen Einfluss- und Kommunikationsstrukturen sowie der weit verbreiteten Narrative im Senegal und in den Nachbarländern führen werden. Workshop mit AHDISAndererseits soll mit der geplanten Maßnahmenreihe eine Task Force zur Konfliktprävention aufgebaut werden, die deeskalierend auf sich entwickelnde Konflikte einwirken und neue, alternative Perspektiven aufzeigen und an die Bevölkerung kommunizieren kann. Der erste gemeinsame Informations- und Erfahrungsaustausch für ein Situationsmapping mit bereits identifizierten und vernetzten Projektpartnern und Stakeholdern des NAMA4PD-Konzepts fand im Dezember statt. Gemeinsam mit den Teilnehmern wurden Schlüsselelemente für die folgenden Workshops im Jahr 2023 entwickelt und diskutiert. Die Einbindung lokaler und regionaler Interessengruppen in dieser frühen Phase schafft von Anfang an lokale Eigenverantwortung für dieses NAMA4PD-Projekt und fördert das Vertrauen zwischen potenziellen Partnern, die sich so ein gemeinsames Bild von der aktuellen Situation machen können. Es ist geplant, das Projekt über die derzeitigen Projektregionen hinaus auf andere Länder und relevante Akteure auszuweiten. Begleiten Sie uns, wenn wir weiterhin Schnappschüsse und Hintergrundinformationen über die besondere Freude teilen, Menschen zusammenzubringen.

NAMA4PD Sondierungsmaßnahmen 2021

Die Stabilität in der nördlichen Region Ghanas wird durch die instabile und sich verschlechternde Sicherheitslage in der Sahelzone beeinträchtigt. Die Situation ist gekennzeichnet durch ein erhebliches Spill-over der Aktivitäten und des Einflusses gewaltbereiter extremistischer Organisationen (VEO) aus Burkina Faso auf alle Nachbarländer einschließlich Ghana, insbesondere in den ländlichen Gebieten im Norden von Tamale (ELVA Spill-over Report 2021). In anderen westafrikanischen Ländern ist der Kontext anders, aber die Herausforderungen des Einflusses von VEO sind ähnlich.

NAMA4PD | Narrative Management for Peace through Dialogue | 2021 Ein Dokumentarfilm (15 Minuten), der eine gute Einführung in das Thema und das Konzept bietet.
© Project Lighthouse Africa I 2023

Empirische Datenerhebung und -analyse

Narrative Management for Peace through Dialogue ist ein Schlüsselkonzept, das seine Innovationskraft aus der konsequenten Kombination bestehender Ansätze bezieht: Aufbau und Pflege eines vertrauenswürdigen Netzwerks wichtiger Interessengruppen, Entwicklung eines Systems zur vertrauenswürdigen Sammlung und Verteilung von Informationen unter lokaler Eigenverantwortung und enge Zusammenarbeit mit internationalen Akteuren zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen Destabilisierungsversuche in der Region. Die Umsetzung wird auch mit einer eingehenden empirischen Datenerhebung und -analyse beginnen, um lokale Kommunikationsnetze, Strukturen von Einflussnehmern und Informationsflüsse besser zu verstehen. Das System wird in Zusammenarbeit zwischen europäischen und lokalen Experten aufgebaut, einschließlich Schulungsworkshops, einem Train-the-Trainer-Programm, Schulungen und Bildungsprogrammen für Bürger und der gemeinsamen Entwicklung eines robusten Informationszentrums, das von lokalen Interessengruppen unterhalten wird. Als zentrales Ergebnis wird die Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaft gegen Fake News, Hassreden und Propaganda gestärkt und die Maßnahmen der relevanten Akteure im Bereich Friedensförderung und Entwicklung werden aufeinander abgestimmt.

Kommunikation ist der Schlüssel

Eines der wichtigsten Ergebnisse der Sondierungs- und ersten Aktivitäten in den westafrikanischen Ländern ist, dass die Konzeptsäule „Kommunikation“ ein Schlüsselelement für die Umsetzung des vernetzten Ansatzes ist. Ein umfassendes Verständnis von Kommunikationsstrukturen, von Informationen und deren Verbreitung trägt wesentlich zur Dialogfähigkeit und Stabilisierung in einem von schwacher Staatlichkeit geprägten Umfeld bei. Die wiederholten Militärputsche in Westafrika, die Vervielfachung antieuropäischer Ressentiments und nicht zuletzt die Verbreitung dschihadistischer Propaganda stellen den negativen Höhepunkt der zunehmenden Destabilisierung mit all ihren Folgen dar, die die aktuelle Medienberichterstattung dominieren.

Enge Zusammenarbeit mit lokalen Partnern

Eines der Hauptergebnisse der Sondierungs- und weiteren ersten Aktivitäten in westafrikanischen Ländern ist, dass der Konzeptpfeiler „Kommunikation“ ein Schlüsselelement für die Umsetzung des vernetzten Ansatzes ist. Ein umfassendes Verständnis von Kommunikationsstrukturen, von Informationen und deren Verbreitung trägt wesentlich zur Dialogfähigkeit und Stabilisierung in einem von schwacher Staatlichkeit geprägten Umfeld bei. Die wiederholten Militärputsche in Westafrika, die Vervielfachung antieuropäischer Ressentiments und nicht zuletzt die Verbreitung dschihadistischer Propaganda stellen den negativen Höhepunkt der zunehmenden Destabilisierung mit all ihren Folgen dar, die die aktuelle Medienberichterstattung dominieren.

Hohe Konnektivität für NAMA4PD

Das Konzept ist gut skalierbar in Bezug auf Reformpartnerländer der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Afrika und afrikanische Länder, die durch Desinformation und den hybriden Kontext von Destabilisierung bedroht sind. Darüber hinaus bietet NAMA4PD eine hohe Konnektivität im globalen Kontext. Narrative Management for Peace Through Dialogue (NAMA4PD) ist als ein Konzept zu verstehen, das Kernpunkte aus verschiedenen aktuellen Leitlinien (u. a. Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern) und Expertenempfehlungen (u. a. Bericht der Fluchtursachen-Kommission der deutschen Bundesregierung) zusammenführt. Das Konzept ermöglicht die praktische Umsetzung von Elementen des vernetzten Ansatzes (integrierter Ansatz) auf der Grundlage von drei voneinander abhängigen Säulen, nämlich Sicherheit und Entwicklung, Kommunikation und Perspektivenentwicklung. Unser besonderer Schwerpunkt liegt auf der Inklusion. Neben der Arbeit mit Jugendlichen konzentrieren wir uns vor allem auf die Arbeit mit und für Frauen, um feministische Entwicklungspolitik weiter im Konzept von NAMA4PD zu verankern. Gambia, im äußersten Westen des Kontinents, hat keine direkte Grenze zu den Sahelländern, verfügt aber über ein weniger stabiles demokratisches System. Gambia hat eine große Diaspora in Europa und verzeichnet zunehmende extremistische und dschihadistische Aktivitäten. Daher eignet sich das Land gut als Interventionsland für dieses Projekt, um die Stabilität der geplanten Maßnahme unter verschiedenen äußeren Bedingungen zu beweisen. Die größte Herausforderung in den beiden Ländern besteht darin, dass ihre Anfälligkeit in Bezug auf den Klimawandel, die stockende sozioökonomische Entwicklung, die hohe Jugendarbeitslosigkeit und ineffiziente Regierungsstrukturen von VEOs ausgenutzt wird. Eine ihrer Kernstrategien besteht darin, Länder durch die Verbreitung von Narrativen auf der Grundlage von Fake News, Desinformation und Hassreden zu destabilisieren. Dies schadet dem allgemeinen und institutionellen Vertrauen in den jeweiligen Ländern und lokalen Gemeinschaften und zerstört den sozialen Zusammenhalt. Für internationale politische Akteure ist es besonders schwierig, effektiv und kohärent zu reagieren (Workshop „Gemeinsame Anstrengungen 2021“ zum Bericht der G5 der Sahelzone), da es ihnen an Kenntnissen über Kommunikationsnetzwerke, Informationsflüsse und Möglichkeiten zur Bekämpfung von Desinformation mangelt und sie nicht über geeignete Mittel verfügen, um islamistischen Propagandanarrativen wirksam entgegenzutreten.

Konzept von #NAMA4PD